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Schnee- und Jugendsturm bei den 10. Dassel Open

9.4.2012 | Ewald Tkocz. Erst fegte ein Schneesturm, dann ein Jugendsturm über den Parcours. Das Jubiläumsturnier in Dassel: ein glorreicher Triumph der Jugend. Mit dem Sieger Dominik Stampfer, Jerome Braun und Sven Rippel – beide wurfgleich Dritte – standen gleich drei Spieler im Open-Finale, die noch keine 19 Lenze zählen.

Begleitet wurden die drei Youngster von einem 24-Jährigen „Oldie“: dem GermanTour-Sieger Christian Plaue, der nach drei Runden noch mit vier Würfen Vorsprung auf Stampfer geführt hatte und am Ende mit vier Würfen Rückstand Zweiter wurde. Und dann wäre da noch der 17-Jährige „Grünschnabel“ Kevin Konsorr, der als überlegener Sieger bei den Junioren mit seinem Ergebnis ebenfalls das Open-Finale erreicht hätte. An Stelle von Martin Jenny (Schweiz), der Fünfter wurde.

Das größte und bestbesetzte Turnier in diesem Jahr lieferte noch eine andere Erkenntnis: Disc Golf ist in Deutschland gewaltig im Aufwind. Mehr als 150 Spieler wollten am Osterwochenende ins Mekka des deutschen Disc Golf pilgern. „Nur“ 129 erhielten einen Startplatz. Und den wenigen Top-Guns, die verhindert waren, sprach Ted Winkelbeiner aus der Seele, der auf dem Gästebuch der Dasseler postete: „Ohne Scheiß, ein weiteres Jahr ohne Dassel halt‘ ich echt nicht aus.“ Top-Favorit Simon Lizotte schonte seinen lädierten Rücken, war jedoch als Kameramann allgegenwärtig.

Die Qualität der Spieler ist in der Spitze und Breite enorm gestiegen

„Die Qualität der Spieler ist saumäßig gestiegen“, beobachtete Dassel-“Urgestein“ William Erdmann, der an der Schnittstelle der Bahnen neun und zehn des blauen Kurses spottete. Erdmann: „Früher haben sich die Jungs am Abwurf der Bahn über die Ziegenweide fast ins Hemd gemacht. Am Wochenende warfen auch Spieler aus den hinteren Regionen des Feldes souverän über die o.b.-Zone.“

Dass die Qualität der Spieler nicht nur in der Spitze, sondern auch in der Breite enorm gewachsen ist, schlug sich auch in den Ergebnislisten nieder. Lediglich fünf Würfe trennten die vier besten Open-Spieler, ebenfalls fünf den Zweitplatzierten bei den Masters, Klaus Kattwinkel, und Hartmut Wahrmann (5.). Lächerliche zwei Würfe entschieden bei den Grandmastern über Sieg oder Platz vier. Lediglich die fantastische Susann Fischer (Potsdam) bei den Damen, Benjamin Schneider (Schweiz) bei den Senior Grandmastern, der Deutsche Meister Willy Leifermann (Kellenhusen) bei den Legends und Junior Kevin Konsorr (Lünen) spielten in einer eigenen Liga.

Die 10. Dassel Open: Kein Turnier für schwache Nerven

Die 10. Dassel Open waren nichts für schwache Nerven. Und wer sich eine schwächere Runde leistete, war bei der ausgeglichenen Konkurrenz rasch weg vom Fenster. Beispiel eins: Kurt König. Der „Lokalmatador“ aus Einbeck spielte drei Runden lang auf Top-Niveau, vergeigte aber am Samstag-Nachmittag bei böigem Wind auf dem gelben Kurs mit einer 62er-Runde (sieben über Par) seine Chance auf einen Finalplatz und war bitter enttäuscht. „King Kurt“ teilte am Ende mit China-Heimkehrer Michael Stelzer (Söhnstetten) Platz acht.

Beispiel zwei: Martin Doerken. Auch für ihn beendete die zweite Runde (61) alle berechtigten Hoffnungen auf einen Platz unter den besten fünf Open-Spielern. Überhaupt. Die verflixte zweite Runde auf dem gelben Kurs ließ die Träume einiger Spitzenspieler von einer Top Ten-Platzierung platzen: Ob Ronny Linnicke (13.), Jörg Eberts (14.), Gene Rüdiger (15.), Ralf Hüpper (17.), Marc Mäding (20.), Victor Braun (21.) oder Nikolai Tsouloukidse (22.): Nach Runden von vier bis zu zehn Würfen über Par hatte bei der Qualität des Feldes keiner von ihnen mehr eine reelle Chance, sich nach vorne zu spielen.

Prominentestes Beispiel: Christian Plaue. Der deutsche Team-Kapitän für die EM sah in der Open-Kategorie drei Runden lang wie der sichere Sieger aus. Doch mit einer 55er-Runde (Par) auf dem gelben Kurs verlor der Grebensteiner acht Würfe auf Dominik Stampfer. Der 18jährige Heidenheimer setzte mit 47 Würfen ausgerechnet in dieser Runde die Bestmarke und übernahm vor dem Finale mit 203 Würfen die Führung vor Sven Rippel (Lünen/205). Plaue teilte sich mit Jerome Braun (Berlin/207) Platz drei, der mit einer 49er-Runde viel Boden gut machte und seinen Ruf als eines der größten Talente im Deutschen Disc Golf eindrucksvoll bestätigte.

Im Finale behielt Dominik Stampfer die Nerven und brachte den Sieg souverän nach Hause. Plaue gelang es lediglich noch, Sven Rippel von Platz zwei zu verdrängen. Dennoch: ein grandioses Turnier des EM-Vierten bei den Junioren aus Lünen, der seine erste Saison in der Open-Kategorie spielt.

Bobby senior und der „ewige Frühling“: Eindrucksvolles Comeback

Was für eine Masters-Konkurrenz! Und was für ein Comeback von Robert Delisle senior! Der mittlerweile bärtige Berliner – offensichtlich ein neuer Modetrend unter den reiferen Herren, wie in Dassel zu beobachten – drehte am zweiten Turniertag mächtig auf und verwies ein anderes „Urgestein“ des Deutschen Disc Golf, Klaus Kattwinkel (Engelskirchen), mit acht Würfen Vorsprung auf Platz zwei. Mit 213 Würfen wäre „Bobby Nautilus“ in der Open-Kategorie auf Platz sieben gelandet! Die Vor-Entscheidung fiel hier am Sonntag Morgen, als Kattwinkel sieben Würfe auf Bobby senior einbüßte. Gemeinsame Dritte wurden George Braun (Berlin) und GermanTour-Sieger Frank Buchholz aus Hamburg (beide 224 Würfe). Dave Lizotte (Bremen), drei Runden lang großartig unterwegs und an zweiter Stelle liegend, büßte in der letzten Runde auf dem blauen Waldkurs mit einer 65er-Runde seine Chancen auf einen Podestplatz ein und wurde am Ende Siebter hinter Hartmut Wahrmann (Lünen) und Volker Meyer (Ulm).

Wolfgang Kraus: der kommende Mann bei den Grandmastern

Bei den Grandmastern ist Wolfgang Kraus der kommende Mann. Der 50-Jährige Rüsselsheimer teilte sich nach einem wenig hochklassigen, aber hochdramatischen Finale mit Ewald Tkocz (Geislingen), der in den vergangenen drei Jahren die GermanTour-Wertung gewonnen hatte, Platz eins. Doch jeder der vier Finalisten hätte den Sieg verdient gehabt. Der Deutsche Vizemeister Andreas Wegener (Hamburg) wurde mit nur einem Wurf Rückstand Dritter. Einen weiteren Wurf dahinter wurde Francesco Puliafito Vierter. Der Schweizer ärgerte sich über viele vergebene Putts, war er doch mit zwei Würfen Vorsprung in die Finalrunde gestartet. Dass die „alten Herren“ es immer noch drauf haben, zeigt, dass alle vier Finalisten in der Masters-Kategorie um Platz zehn mitgespielt hätten. Das „kleine Finale“ entschied der Münchner Harald Kucera klar für sich.

Kevin allein im Ring: Der 17jährige dominiert bei den Junioren

Bei den Junioren ist Kevin Konsorr ohne Konkurrenz. Der 17jährige aus Lünen hatte am Ende 28 Würfe Vorsprung vor seinem gleichaltrigen Vereinskollegen Melwin Korth. Der 14jährige Maximilian Tkocz (Geislingen) verdrängte mit zwei 58er-Runden am zweiten Turniertag Marvin Tetzel noch von Platz drei.

Bei den Damen meisterte Susann Fischer die Tücken des anspruchsvollsten Kurses in Deutschland mit Bravour. Mit 248 Würfen hätte sich die frühere Ultimate-Spitzenspielerin im Mittelfeld der Open-Kategorie eingereiht und und manch ambitioniertem Disc Golfer des angeblich starken Geschlechts die Hacken gezeigt. Maya Erdmann, die sich die Holzscheibe für die Siegerin im Vorjahr gesichert hatte, spielte trotz großer Rückenschmerzen das Turnier tapfer zu Ende und wurde Zweite vor Verena Witkowski und Julia Burkhardt.

Ein Schneeschauer verwandelte die Wiesen in eine Winterlandschaft

Für ihre zehnte Teilnahme bei den Dassel Open wurden Frank Brügmann, Klaus Kattwinkel und Oliver Schacht geehrt. Sie waren von Anfang an dabei. Auch der himmlische Wetterbeauftragte Petrus ließ sich beim Dasseler Jubiläumsturnier nicht lumpen und ließ – entgegen den zum Teil katastrophalen Wettervorhersagen – über dem Solling reichlich die Sonne scheinen, am Sonntag Nachmittag nach frostigem Morgen mit Minusgraden sogar bei Temperaturen, die an der 10 Grad-Marke kratzten. Die „Wetterhexen“ sorgten lediglich am Samstag Mittag vor Beginn der zweiten Runde für Furore, als ein Schneeschauer die grünen Wiesen binnen weniger Minuten in eine weiße Winterlandschaft verwandelte. Die Winde ließen sich jedoch nicht an die Kette legen. Vor allem auf dem offenen gelben Kurs hatten die Spieler immer wieder mit böigem, ständig auf- und abflauendem Wind aus wechselnden Richtungen zu kämpfen.

Denen, die nicht kommen konnten, und denen, die keinen Startplatz erhielten, kann man nur empfehlen, fleißig Punkte zu sammeln. Denn Dassel ist nicht nur das größte und bestbesetzte Turnier in Deutschland mit dem anspruchsvollsten und abwechslungsreichsten Kurs. Dies, liebe Freunde, ist Dassel. Das Mekka des Deutschen Disc Golf. Und wer hier nicht war, kommt bekanntlich nicht in den Disc-Golf-Himmel.

PS: Vielen Dank an alle, die dieses Turnier ermöglicht haben, das Organisations-Team um Turnierdirektor Leo Seibel und seine Frau Xenia, die Sieburgs und die Erdmänner/-innen, an alle Helfer, das Catering-Team und die Spotter.

Fotos: Paul Davies