„Wäre deutlich mehr drin gewesen“
Eine Stunde vor seinem Teeoff zur Finalrunde am Samstag bei den Discgolf-Europameisterschaften 2023 im estländischen Tallinn war der aus Hamm stammende deutsche Topspieler Timo Hartmann, für Ostsee-Discgolf Kellenhusen an der Scheibe, noch etwas am Vortag betroffen. „Ich habe gestern unheimlich viel Pech gehabt“, so der erfahrene Discgolfer, der zwar kaum noch seine Ziele für die EM erreichen konnte, aber trotzdem zumindest ein versöhnliches Tagesergebnis abliefern wollte.
Dies gelang Timo Hartmann nach der katastrophalen 70er Runde am Freitag. In der Schlussrunde spielte er sich mit 56 Würfen auf den 18 schwierigen temporären Bahnen auf dem Sängerfestival-Gelände direkt an der Ostseeküste in der Hauptstadt Estlands immerhin wieder um drei Plätze nach oben. Er belegte mit 237 Würfen (- 11) in vier Runden á 18 Bahnen Platz 25 unter den 92 Teilnehmern der Offenen Klasse. Der im Turnierverlauf einmal virtuell eroberte dritte Platz wäre für den fünffachen Deutscher Meister (Junioren und Open) erreichbar, wenn er am Freitag zumindest die Leistung aus dem Finale gebracht hätte. Zieht man nämlich die zwölf Würfe, die Hartmann Freitag mehr benötigte als Samstag, von seinem Endergebnis ab, wäre Timo Hartmann am Ziel seiner stillen Hoffnungen gewesen – als Dritter auf dem EM-Treppchen in Tallinn zu stehen.
„Der gestrige Tag saß mir noch in den Knochen. Trotzdem war mein Spiel heute o.k., obwohl die Fünf auf der 17 nicht nötig war“, hatte Timo Hartmann nach dem letzten Birdie auf der18 das Turnierergebnis akzeptiert. Natürlich war er enttäuscht, sein persönliches Ziel nicht verwirklicht zu haben. Vor dem Start erhoffte er für sich eine Top-Ten-Platzierung. Nach der zweiten Runde wollte er dann die Top fünf halten und schielte sogar etwas auf den erreichbaren dritten Rang. Doch sein „Schwarzer Freitag“ machte alle Hoffnungen zu Nichte.
„Es wäre für mich hier in Tallinn deutlich mehr drin gewesen. Es war die eine Runde, denn ich denke, in den beiden ersten Runden und heute im Finale habe ich ganz gut performt“, zog Timo Hartmann einen Schlussstrich unter die Euro.
Am Ende feierte der Schwede Dennis Augustsson in der Offenen Klasse einen Start-Ziel-Sieg. Er benötigte insgesamt nur 211 Würfe für die vier Runden (50, 51, 59, 51). Auf Rang zwei kam der 35. der Weltrangliste, Jesse Nieminen aus Finnland. Er benötigte zehn Würfe mehr als der neue Europameister und spielte folgende Rundenergebnisse: 1.: 61, 2.: 53, 3.: 52 (Tagessieg), 4.: 55, Gesamt: 221. Platz drei holte sich sein Landsmann Joona Heinänen. Der 49. der Weltrangliste machte im drittletzten Flight des Turniers durch seinen Tagessieg in der Finalrunde (50 Würfe) sieben Ränge gut und kletterte hinauf auf Platz drei. Teilen musste er diesen Rang allerdings mit einem weiteren Finnen. Tuomas Hyytiäinen, 87. der Weltrangliste, benötigte ebenfalls insgesamt 223 Würfe. Durch eine 59er Runde im Finale rutsche Lokalmatador Albert Tamm in der Finalrunde von Rang zwei auf Platz fünf ab. Der Este, 55. der Weltrangliste, verlor gleich auf Bahn eins zwei Würfe auf die Konkurrenten. Dieser Verlust war auf dem sehr anspruchsvollen Kurs, der nichts verzieh, einfach aus eigener Kraft nicht mehr aufzuholen. Der Tscheche Jakub Semerád, 47. der Weltranliste, lag vor dem Finale auf Rang drei. Trotz neun Birdies im Finale rutsche Semerád in der Gesamtwertung auf Platz zehn ab, da er an der Par-Vier-Inselbahn, die Sieben, elf (!) Punkte einsammelte.
„Unter dem Strich bin ich zufrieden“
In der Frauenklasse hatte die international sehr erfahrene Maren Moßig aus der Nähe von Stuttgart als Zwölfte das Finale erreicht. Obwohl sie am Schlusstag satte acht Ränge verlor und mit insgesamt 297 Würfen 18. wurde, war die Baden-Württembergerin im Ziel mit sich und ihrem Auftritt in Estland im Reinen: „Ich bin eigentlich mit meinem Spiel heute ganz zufrieden. Das Putten hat heute wieder besser geklappt – nur seltsamerweise passt das Rundenergebnis nicht dazu, wie ich mich beim Spiel gefühlt habe.“ Tatsächlich liegt ihr Ergebnis in der Finalrunde genau zwischen den Rundenergebnissen vom Donnerstag und Freitag. Allerdings hat Maren Moßig nur in der vierten runde drei Bidies geworfen. Selbst am ersten turniertag, als sie eine 69er Runde und damit sieben weniger als im Finale gespielt hatte, waren ihr nur zwei Birdies gelungen. Unterstützt vielleicht etwas durch das gute Gefühl auf der Runde am Samstag zog Maren Moßig ein positives Fazit: „Unter dem Strich bin ich zufrieden! Ich habe knapp über meinem Rating gespielt. Ich bin sehr froh, hier in Estland dabei gewesen zu sein.“
Obwohl die amtierende Weltmeisterin und zugleich auch Führende in der Weltrangliste, die Estin Kristin Tattar, die in der zweiten Runde in Tallinn eine nahezu unglaubliche 52 gespielt hatte, es im Finale nicht ruhig, sondern sogar eher nachlässig angehen ließ, war ihr der Sieg mit insgesamt 249 Würfen nicht mehr zu nehmen. Dank des „lässigen“ Auftritts der Lokalmatadorin und großen Titelfavoritin Tattar – mit sogar fünf Bogeys und vier Doppelbogeys (!) bei „nur“ sechs Bidies im Finale – wurde es für die unzähligen Zuschauer*innen sogar noch etwas spannend. Die Zweitplatzierte Finnin Silva Saarinen, 22. der Weltrangliste, konnte bis auf drei Zähler an die neue Europameisterin heranrücken. Allerdings konnte Kristin Tattar nach ihrem eigentlich nicht nachvollziehbarem Doppelbogey auf der eher leichten Bahn 15 die Konkurrentinnen als Vierte auf dem Tee leicht kontrollieren. Dritte wurde die Finnin Eveliina Salonen, 16. der Weltrangliste, die 257 Würfe benötigte. Auch Platz vier und fünf gingen an Spielerinnen aus Finnland. Dann folgten drei Estinnen. Die beste aus dem Resteuropa war die Wienerin Laura Posch, die sich im Finale noch fünf Plätze nach vorn spielte. Insgesamt benötigte die Österreicherin für die vier Runden bei der EM 281 Würfe.
„Habe sehr wichtige Erfahrungen gemacht“
„Insgesamt war ich heute sehr zufrieden.“ Martje Sumowski aus Westfalen belegte nach jeder ihrer vier Runden in Tallinn den fünften Platz in der U 18-Juniorinnen-Europameisterschaft, womit sie zwar etwas hinter ihren eigenen Treppchen-Hoffnungen zurückblieb, aber tatsächlich angesichts des harten Kurses und der starken Konkurrenz am Ende keinen Grund hat, enttäuscht zu sein. Auch an der Bahn 7, die Inselbahn mit Par vier, die – siehe oben – auch Weltklassespieler eine „11“ auf dem Scorebook notieren lassen, meisterte Martje Sumowski in der Finalrunde. Sie spielte im Finale zwar eins über Par, aber angesichts ihrer vorherigen Rundergebnisse an dieser Bahn (12, 7, und 6) jubelte heute Morgen ihr Caddy und Vater Klaus Sumowski, als Martjes Scheibe nach dem dritten Wurf auf der 186 Meter langen Bahn in der kleinen Insel am Korb landete und anschließend ihr Putt auch den Weg ins Ziel fand. Mit ihren Rundenergebnissen (80, 75, 77 und 73) kam sie auf ein Endergebnis von 305 Würfen, was auch am Ende Rang fünf bedeutete. Zufrieden mit ihrer Finalrunde war die deutsche Juniorin auch, weil sie am Samstag zwei Birdies spielte: „Auch gerade deshalb, weil eigentlich alle Bahnen hier recht schwierig sind.“ Nur die beiden Sechsen zum Schluss trübten ihr Laune. Aber selbst zwei Birdies zum Abschluss hätten Martje Sumowski nicht viel näher an die vier vorn platzierten Juniorinnen herangebracht. „Ich habe hier sehr wichtige Erfahrungen gemacht und die Teilnahme an dieser Europameisterschaft macht mich mit Sicherheit besser“, verwies die Münsteranerin auf das Wertvollste, was sie aus Estland mit nach Hause nehmen wird.
Die weibliche U 18 gewann nach einer etwas schwächeren ersten Runde am Ende sehr souverän die junge Finnin Iida Lehtomäki. Sie benötigte insgesamt 269 Würfe und verwies die Norwegerin Ida Emilie Nesse (280 Würfe) auf Platz zwei. Den dritten Rang sicherte sich die Tschechin Kristýna Jurčíková (291). Mit nur zwei Würfen in den vier Runden mehr, belegte Elizabete Peksena aus Litauen den undankbaren vierten Platz.
Der vom finnischen Nachwuchs dominierte männlichen U 18-Wettbewerb fand ohne deutsche Beteiligung statt. Gewonnen hat im „finnischen Wettkampf“ Onni Ruusunen, der 113. der Weltrangliste mit 223 Würfen, vor Elias Luukkonen (226 Würfe), 92. der Weltrangliste, und Onni Arminen (230 Würfe), 111. der Weltrangliste. Vierter wurde Justus Sarvi mit 232 Würfen vor dem Esten Roland Kõur (233 Würfe) sowie dem Franzosen Dorian Legendre und dem Schweden Ville Parpala, die beide als Sechste 234 mal werfen durften.