12.10.2010 | Ewald Tkocz. Auf die Frage, ob er wisse, wann er das letzte Mal ein GermanTour-Turnier gewonnen habe, antwortet Michael Stelzer so rasch, als habe er die Antwort auf diese Quizfrage intensiv gepaukt: „April 2008, Dassel. Ich wollte schon in Worms gewinnen und da habe ich mich daran erinnert, wann ich zum letzten Mal Erster war.“
Fanfare! Der Kandidat erhält hundert Punkte! Genau so viele wie beim 1. Big Hill King in Ofterschwang, wo der Söhnstettener nach zweieinhalb Jahren Pause wieder bei einem GT-Turnier erfolgreich war. Mit drei Würfen Vorsprung vor Dominik Stampfer, der seinem Ziel einen entscheidenden Schritt näher kam, die GermanTour 2010 bei den Junioren zu gewinnen und das Double aus dem Vorjahr mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft und der Tour zu wiederholen.
Das Turnier auf Deutschlands höchstgelegenem Parcours auf 1 100 Metern war eine Punktlandung. Denn am Samstag um 8.30 standen beim Players Meeting 30 Spieler bereit – die Mindestzahl, die für die Anerkennung als B-Turnier notwendig ist. Das Wetter: ein Traum. Strahlender Sonnenschein auf den Wiesen unterhalb des Allgäuer Berghofs. Die dicke Nebeldecke, die die Täler an den Allgäuer und Illertaler Alpen einhüllte, glänzte wie ein irreales Bayerisches Meer aus einem von König Ludwig II. in Auftrag gegebenen Landschafts-Szenario.
Then the Mist crept slowly up the hill
„Then the Mist crept slowly up the hill causing visibility to be a bit of a problem for the 2nd and 3rd rounds“, schilderte Turnierdirektor Paul Davies. Vor allem im Halbfinale geriet mancher Abwurf, speziell der an der 172 Meter langen Bahn 2 mit 53 Metern Höhendifferenz, zum reinsten „Blindflug“. Paul Davies: „Players could be thankful of the many spotters required to assist. It was extreme disc golfing!“
Der 17jährige Dominik Stampfer kam am Samstag mit den Bedingungen und dem auf 18 Bahnen erweiterten Parcours am besten zurecht, spielte mit 50 und 47 Würfen zweimal die beste Runde und führte vor Michael Stelzer (51/49) und dem EM-Vierten bei den Masters, Michael Kobella aus Augsburg (51/53). In der dritten Runde am Sonntag Morgen holte Stelzer zwei Würfe auf. Eine Vorentscheidung in diesem vereinsinternen Duell der beiden WSCA-Spieler fiel auf der vorletzten Bahn des Halbfinals, als Dominik Stampfer eine Sieben spielte, während Stelzer mit einer Drei abschloss und mit einem Vorsprung von fünf Würfen ins Finale der besten fünf Open-Spieler ging. Obwohl der Heidenheimer noch einmal attackierte und mit 27 Würfen das beste Finalergebnis erzielte, geriet Stelzers Sieg nicht mehr in Gefahr. Der Sieger fand anerkennende Worte für den 17jährigen: „Dominik hat, wie auch Michael Kobella, ganz stark gespielt, super Würfe gezeigt und toll geputtet.“
Dritter in der Open-Division wurde der Amerikaner Chris Cain vor Dirk Elze, der im Finale Moritz Lang (beide Söhnstetten) um einen Wurf auf Platz fünf verwies. Der von weit her angereiste Oliver Schacht wurde Sechster vor Andreas Kucera (München) und Markus Moßig (Reutlingen).
Michael Stelzer: „Es wurde wieder einmal Zeit, Gas zu geben“
„Es wurde wieder einmal Zeit, Gas zu geben und zu gewinnen“, sagte Michael Stelzer nach dem Turnier, „ich habe bei den letzten Turnieren einiges ausgelassen.“ In den zehn GT-Turnieren seit Dassel 2008 war der Vize-Europameister von 2008 allein viermal Zweiter gewesen, zweimal hinter Günter Tanner (Bavarian Open und Wental Challenge 2009), Ted Winkelbeiner (Waldschwimmbad Open 2010) und Markus Plattek (2. Allgäu Open), der diesmal keinem Mitspieler, sondern einer Grippe unterlag und nach der ersten Runde die Scheiben einpacken musste. Paul Davies: „Toll, dass er seinen Kollegen zuliebe antrat und versuchte, der Krankheit zu trotzen.“
Auf alle Fälle hat der erste „King of the Big Hill“ wieder Blut geleckt: „Ich will im nächsten Jahr wieder voll angreifen.“ Das EuroTour-Turnier in Stockholm und das PDGA-Major, die European Open in Tampere, hat der Söhnstettener bereits fest in seinem Terminplaner 2011 vorgemerkt.
Siege für Michael Kobella (Masters) und Benjamin Schneider (GM)
Fest in Augsburger Hand war der Wettbewerb bei den Masters. Der Deutsche Meister Michael Kobella gewann mit Lizottscher Überlegenheit (21 Würfe) vor Ralph Lehmann und Tinu Schär von den Walkabout Bern. Jürgen Taube (Esslingen) wurde Vierter. Mit seinem Gesamtscore von 182 Würfen war Kobella drittbester Spieler in der Gesamtwertung.
Benjamin Schneider feierte einen ungefährdeten Sieg bei den Grandmasters, auch wenn es nach der ersten Runde nicht danach aussah. Lothar Henseler (Giengen/Brenz) hatte mit einer tollen 62er-Runde vorgelegt und dem Berner neun Würfe abgenommen. In der zweiten Runde drehte „Benji“ den Spieß jedoch um und ging nach einer fantastischen 54, die nur von den drei Spitzenspielern getoppt wurde, wiederum mit sechs Würfen in Führung. Da Henseler zum Finale nicht mehr antrat, fiel der Erfolg des Schweizers deutlich aus. Ortwin Pelger (Heidenheim) gewann gegen Markus Birkenmeier (Bern) im Finale den Kampf um Platz zwei – seine bisher beste Platzierung in der Tour.
Tanja Höll baut Vorsprung in der GermanTour weiter aus
Tanja Höll aus Augsburg baute mit Platz zwölf in der Open-Kategorie – eine Damen-Division kam nicht zustande – ihre Führung in der Gesamtwertung der GermanTour vor dem Saisonfinale in Kellenhusen auf 80,43 Punkte aus. „Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr auch eine ‚Big Hill Queen‘ krönen kann“, wirbt der Turnierdirektor schon einmal vorab bei den Disc Golf Amazonen Süddeutschlands.
Doch die Anstrengung vom Wochenende steckte Stelzer am Montag noch in den Knochen: „Ich will gar nicht wissen, wie viele Höhenmeter ich an den beiden Tagen gelaufen bin. Das Turnier war doppelt so anstrengend wie in Söhnstetten.“ Vor allem die zusätzlichen vier Bahnen fanden geteiltes Echo, forderten sie doch den Spielern ab, ständig auf und ab zu werfen und zu laufen. Paul Davies bedankte sich auch bei den Spielern für ihre Mühe: „It was an extreme and enduring competition for everyone who took part, and all players can consider themselves King, as they all put so much physical effort into the tournament.“
Players Party vom Feinsten – Heimweg im Fackelschein
Ein ganz besonderes Event war die Players Party am Samstag Abend. Nach einem Express-Shuttle ging es in der „Weltcup-Hütte“ inoffiziellen Berichten zufolge hoch her. Nicht nur wegen der Höhenluft… Ein gemeinsamer Heimweg im Schein von Fackeln führte dann zur wohlverdienten Ruhe – Allgäuer Disc Golf Romantik pur.
Fotos: Paul Davies
Redaktion: Matthias Masel