17.08.2010 – Von Ewald Tkocz. Ein guter Malt Whisky braucht etwa zehn bis fünfzehn Jahre um zu reifen. Ein guter Ibbenbürener kommt da bis zur Vollendung schon einmal auf 22 Jahre. Markus Bayer, seit 1988 an den Scheiben, wie er den Masters-Finalisten mit einem aus diesem Jahr stammenden Marker bewies, feierte beim B-Turnier in Bad Fredeburg seinen ersten Divisionssieg. Er spielte schon bei der legendären Nord-Tour, an die sich vermutlich nur noch Oliver Schacht, Hartmut Wahrmann, Jens Schrader und die wandelnde „Disc Golf-Enzyklopädie“ Frank Neitzel erinnern. Drei Turniere an einem Wochenende. Mann o Mann, das waren noch Zeiten …
Längst ausgereift und seit vielen, vielen Jahren auf höchstem Niveau spielend, dagegen das „Urgestein“ aus Engelskirchen: Klaus Kattwinkel. Er gewann nicht nur mit 0,75 Lizotte (15 Würfe) Vorsprung die Open-Division, sondern auch die Gesamtwertung vor dem 16jährigen Sven Rippel. Der EM-Teilnehmer aus Lünen attackierte zwar noch einmal im Finale mit sechs Birdies. Zwei Doppel-Bogeys verhinderten jedoch, dass er seinen Rückstand von fünf Würfen nach drei Runden auf Kattwinkel noch einmal verkürzen konnte.
Klaus Bayer: 22 Jahre Anlauf zum ersten Divisions-Sieg
„Was lange währt, wird endlich gut.“ Oder: „Gut Ding will Weile haben.“ Diese beiden Volksweisheiten passten am Wochenende auf niemanden so genau wie auf Markus Bayer. Und so strahlte der sympathische Westfale nach dem Finale, so sehr ein Westfale eben strahlen kann. Mehr innerlich eben. Eigentlich hätten nach dem ersten Tag alle Spieler auf einen Erfolg von Titelverteidiger Josef Rippel gewettet, der nach zwei Runden mit sieben Würfen Vorsprung auf Bayer und neun Würfen auf die Grandmaster Thomas Wiegand und Ewald Tkocz führte. Doch der Lünener, der sich am Samstagnachmittag in einen wahren „Spielrausch“ gesteigert hatte und mit einer 52er-Runde nur einen Wurf mehr benötigte als Kattwinkel und sein Sohn Sven, verspielte am Sonntagmorgen mit einer 64 seinen Vorsprung auf Markus Bayer.
Beide gingen wurfgleich ins Finale, in dem Bayer das bessere Ende für sich hatte und mit zwei Würfen Vorsprung gewann. Da Josef mit seinem großzügigen oberschlesischen Herz sich für andere ohnehin mehr freut als für sich selbst, waren am Ende beide zufrieden. Thomas Wiegand aus Grebenstein, der fünf Wochen lang keine Scheiben angerührt hatte, spielte zusammen mit Jürgen Hermanns (27) das zweitbeste Finale nach Klaus Kattwinkel und Sven Rippel (26), verpasste jedoch in der dritten Runde mit einem „Blackout“ an der Inselbahn den möglichen Sieg bei den Masters.
Klaus Kattwinkel hat den GT-Gesamtsieg noch nicht abgeschrieben
In der Open-Klasse hatte Klaus Kattwinkel, einziger ernsthafter Konkurrent von Simon Lizotte im Kampf um den Gesamtsieg in der German Tour, bereits am Samstagmorgen mit der besten Runde des Turniers (48/sechs unter Par) für klare Verhältnisse gesorgt. Von da an spielten die Braunschweiger Frank Brügmann und Michael Cohrs sowie der „Aufsteiger der Saison“, Heiko Niedermayer von den Scheibensuchern Rüsselsheim, um die Plätze zwei bis vier.
Klaus Kattwinkel hat den GT-Gesamtsieg noch nicht abgeschrieben: „Simon wird nach Wolfenbüttel auch noch ein drittes C-Turnier spielen müssen, um die Gesamtwertung zu gewinnen.“ Zur Auswahl stehen im September und Oktober dann nur noch die Turniere in Glandorf, Ruhpolding und Rostock.
Dreikampf um Platz zwei: Brügmann, Niedermayer, Cohrs
Michael Cohrs, mit einer 57 gemächlich ins Turnier gestartet, egalisierte anschließend den Rückstand auf die beiden Kontrahenten mit der zweitbesten Runde des Turniers (49). Frank Brügmann, sehr konstant spielend, setzte sich in der dritten Runde etwas ab und verteidigte seinen Vorsprung auch im Finale, obwohl Heiko Niedermayer noch einmal bis auf einen Wurf heran kam. Michael Cohrs wurde Vierter und teilte sich mit dem wurfgleichen Junior Kevin Konsorr in der Gesamtwertung den fünften Platz. Kevin wurde Zweiter bei den Junioren vor Melwin Korth, der im Finale Maximilian Tkocz noch vom dritten Platz verdrängte.
Uups, die Pannen-Show: Scheiben-Kapriolen vom Feinsten
Wie bei keinem anderen Turnier in Deutschland erzählten sich die 33 Teilnehmer nach den Runden von schier unglaublichen Scheiben- Kapriolen. Es war manchmal wie beim Eiersuchen an Ostern. Nach scheinbar gelungenen Abwürfen an den abschüssigen Bahnen skippten nach der Landung die Scheiben Dutzende von Meter am Korb vorbei oder rollten 20, 30 Meter weit die Waldwege hinunter.
Wer, wie Thomas Wiegand an Bahn acht, seinen Par-Putt an den Korbrand knallte, musste staunend erleben, wie sich seine Scheibe anschließend aufstellte und bis zum Abwurf-Balken den Berg hinunter rollte. Und noch unfassbarer: dass sich das Missgeschick nach zwei neuerlichen Annäherungswürfen noch einmal wiederholte. Der Autor selbst fand seine Scheibe nach einem Beinahe-Ass an Bahn sechs fünfzehn Meter vom Korb entfernt hinter einem zweieinhalb Meter hohen, breiten Busch. Wie sie dorthin gekommen war, entzog sich selbst kühnsten ballistischen Spekulationen. Diese Beispiele ließen sich endlos weiterführen. Fragen Sie einfach diejenigen, die dabei waren, nach ihren persönlichen Erfahrungen. Stichwort: Scheiben-Kapriolen.
Sintflutartiger Regen verhinderte das Open-Finale
Der Wettergott hatte mit dem Turnier und den Spielern ein Einsehen. Zwar hatte es bereits am Vormittag zu regnen begonnen, doch konnten alle 33 Spieler die vierte Runde – das Nachmittags-Finale mit neun Bahnen – mit trockener Kleidung beenden. Danach allerdings setzte sintflutartiger Regen ein, der die fünf Open-Finalisten und Turnierdirektor Andreas Thöne zu der weisen Entscheidung veranlasste, „Schicht im Schacht“ auszurufen. Auf den steilen, glitschigen Abhängen wäre die Verletzungsgefahr einfach zu groß gewesen.
„Ich habe von den Spielern nur Positives gehört“, zog TD Thöne nach dem Turnier zufrieden Bilanz, „alle fanden den Kurs interessant und abwechslungsreich.“ Die größten Herausforderungen hatten den Spielern dabei die von Andel wesentlich erschwerte Bahn vier sowie die neu in den Wald platzierte Dogleg-Bahn 18 bereitet, bei denen sogar absolute Könner wie Klaus Kattwinkel sich mit der einen oder anderen Vier begnügen mussten. Eine Drei an diesen „Schlüsselbahnen“ löste dagegen schon eine erhebliche Ausschüttung von Glückshormonen aus. Im nächsten Jahr will sich Andreas Thöne um eine stärkere Teilnahme von Spielern aus dem Ort bemühen, die, wie sich die Teilnehmer überzeugen konnten, ansonsten zahlreich den Kurs bevölkern.