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Easy Berlin Open

29.6.2012 | dr. delay. Nach meiner rund zehnjährigen Abstinenz auf Grund meiner Meditationsausbildung in Bhutan war ich sehr gespannt auf das große Jubiläumsturnier, die 25sten Berlin Open, dem einzig wahren großstädtischen Discgolf-Clash. Natürlich bot man mir eine Wildcard an und der Besuch der BO 2012 sollte sich lohnen.

Was mich dort erwartete waren zunächst einmal jede Menge hochkarätige Spieler, die nicht nur aktuell zur deutschen oder gar europäischen Spitze gehören, sondern dabei auch noch gut aussehen. Zwei Attribute, von denen ich bis heute nur eines erfülle.

Darüber hinaus traf ich auf viele alte Gesichter – im wahren Sinne des Wortes. Aber dank Hüftgürtel, Haarfärbemittel und Botox konnte ich die meisten dann doch noch wiedererkennen.

Außerdem dabei: Ein echter Amerikaner und Ex-Weltmeister dazu. Nicht nur so eingedeutschte Global Disc Golf Players, wie Deutschland sucht den Grandmaster Gewinner Stephen, der seinem putzigen Riesensohn verzweifelt die links geworfene Rückhand beizubringen versucht, nur um ihn „Lefty Defty“ rufen zu können oder den kanadischen Gen-Pool-Betreiber für Discgolf-Supertalente aus der zweitschönsten Hansestadt. Nein, es handelte sich um einen real California Boy. Braun gebrannt und extra für dieses Event mit Air Berlin aus Irgendwo/USA eingeflogen.

Avery war dann auch noch genauso, wie man ihn bewundern wollte: Gut aussehend, athletisch, volksnah – und fast immer gut drauf, was vielleicht an dem Mietwagen lag, das man ihm zugewiesen hatte (Foto 1). Auch hörte man es leise munkeln, dass ihm die Berlin Open zu klein waren. Pffft.

Bereits am Freitagnachmittag herrschte eine relaxte Grundstimmung bei den Players – außer vielleicht bei Frank N., der sich – wie schon früher – um einen perfekten Turnierverlauf sorgte und dies – wie schon früher – fast problemlos umsetzte. Natürlich mit der Unterstützung von zahlreichen anderen zugezogenen (Großraum-)Berlinern und natürlich dem netten TD mit dem komischen Namen.

Bei idealen Bedingungen, die nahezu das ganze Wochenende anhielten, wurden dann zahlreiche brillante Paarungen gebildet, wie Jenkins/Lizotte jun., Kattwinkel/Delisle sen., dr.delay/Allgäu-Micha usw., nur um die wichtigsten zu nennen. Und erwartungsgemäß wurde dann ein brillantes, spätabendliches Doubles Disc Golf gespielt. Wer so ´was nicht mitspielt, hat selbst schuld. Anschließend wurde hektisch eingepackt, damit man seinem Zweitsport zuschauen und als Jogis Assi lautstark kommentieren konnte.

Der Kurs in Rehberge, so viel ist ergänzend anzumerken, wird nicht nur zum großen Teil in seiner Urform gespielt, nein, Trucker Greg hatte seine krummen Linkshände nicht im Spiel. In Berlin-Wedding ist man einfach rechtslastig und dass gewisslich nicht politisch.

Kurzum: Rehberge ist weiterhin ein toller Kurs, der genügend Birdie-Chancen bot – selbst für den Unterzeichner. Lediglich die spätere Gewinnerin aus dem Land der genetisch manipulierten Wundersportler, Miss Emanuelsson, beklagte sich dem Verfasser dieser Zeilen in einem intimen Zweiergespräch, dass mal schocke 50 m auf jede Bahn draufzupacken sind, damit sie abends nicht immer noch die anderen Jungs beim Armdrücken besiegen muss, um müde zu werden.

Samstag nun ging es dann zu fast nachtschlafender Zeit erst richtig los und deutlich mehr als 100 Spieler widmeten sich dem Plastik-gegen-Kette-Clash in zwei Pools. Genau dieser Punkt schien dann auch ein Kritikpunkt zu sein schien, wie mir mein Maulwurf zutrug.

Ja, wat denn? Sollen nun ganz viel Gute Disc golfen? Und andere auch, z. B. Berlin Open-Wiederholer und Recken aus Zeiten, in denen Dave noch gar nicht wusste, wie er seinen achten Sohn, den später noch zu erwähnenden Gewohnheitssieger, nennen sollte?

Natürlich lautete die Antwort: Ja, und deshalb lag man über den sonst üblichen, oft popeligen bis überschaubaren Spielerzahlen und man musste halt früh aufstehen oder die Sportschau um 18 Uhr auslassen. Wo ist das Problem? Beides geht nicht, ihr Luschen.

Ich jedenfalls, und es gab Zeiten, in denen mein Wort nicht nur in der blauen Gruppe in der Kita Hirtenstraße gehört wurde, fand das ganztägige Gewusel einfach nur gut. Es gab´n Zelt, Bänke, einen Verkaufstand meines Sponsors Discmania und immer wieder einen zum Sabbeln, wie wir im Norden zu sagen pflegen. Dass passte und da die Pünktlichkeit der jeweiligen Gruppenstarts besser war als die der DB, wurde stets im Hellen aufgehört.

Zur Turnierplanung gehörte dann am Sonntag, nachdem natürlich wieder zur Early-Bird-Zeit eine dritten Runde absolviert worden war, ein 9-Bahn-Semi und anschließend ein 9-Bahn-Finale, in welchem sogar die legendäre Tunnelbahn gespielt wurde. Wer bei diesen beiden Highlights, insbesondere dem rockigen Finale nicht mitging und meinte, schon früher abreisen zu müssen, der weiß nicht was gut ist. Der soll bei einem der zahlreichen Kleinstadt-C-Turniere glücklich werden. Die sind um fünf um, bum. Hier gab es richtiges Disc-Golf-Feeling. So was kommt (nicht) nur in Berlin auf, wo Leistung und Lässigkeit nebeneinander existieren, so wie sexy und dr.delay zusammen gehören.

Ma‘ ehrlich. Frisbee und somit Disc Golf ist doch Invisible String, ist Baseballmützen, Retro-Frisbee-Shirts und Tattoos, Bier und Fluppe in der Pause und keine Regel- und Etiketteeinhaltungsveranstaltung wie von Herrn Hinkelstein gewünscht. Wenn einer rauchen will, dann soll er es tun – wir sind im Freien. Wenn die Tunnelbahn zum Finale aufgebaut wird, dann zieht man die Tee-Off-Line eben mit dem Fuß. SFW! Und wenn sich einer einen Barfußläufer als Caddie hält, dann ist dass lässig, dann ist dass Berlin. Ich finde, spätestens die 30sten Berlin Open brauchen drei Pools, weil so viele Disc Golfer hier spielen wollen und sollten.

Zum sportlichen Ende: Nicht nur das Finale wurde von Superleistungen durchzogen und wenn ihr in der offziellen Ergebnisliste die ganzen Unterparspieler mal durchzählt, dann ist dass gewaltig gut. Ich kann und will gar nicht alle erwähnen, zumal mir die meisten, die in der meditativen Zeit meines Daseins erst begonnen haben, noch gar nicht bekannt sind, außer vielleicht Schröder, aber der kann ehrlich gesagt überhaupt nicht spielen, aber dafür laut fluchen.

Erwähnen tue ich verkürzt Avery, Dom und Christian, die gleichermaßen für das neue Disc Golf stehen: athletisch, praktisch, gut. Stilistisch eine Schau. Bei uns Greg ist es dann eher der Style und die mentale Athletik, die zu erwähnen ist. Sein Sixpack verschwindet eh unter seinem Dreijahrebart und weit und gut werfen kann er sowieso. Hat er ja von mir gelernt!

Und zu Simon, dem Frisbeegott und seit-Jahren-Dominierer (natürlich habe ich recherchiert, bevor ich mein Word 2.0 wieder aktiviert habe) brauche ich nicht viel zu sagen, außer dass er eigentlich verletzt war und deshalb auch Stockholm auslassen muss. Deshalb warf er meist einen Sidearm, der Arme. Haha. Es reichte so locker.

Diesem Fünfergespann zuzuschauen war besser, als immer nur German-Ranking-Statistiken oder die 613. PDGA-Regelfassung zu studieren oder Turniere regelrecht nur abzuwerfen, um ausreichend Punkte für die DM zu sammeln. Californische Perfektion traf mentale Stärke traf unglaubliche Energie traf lässige Golfer.
Ich, als Caddie im Finale unterwegs, wusste jedenfalls alsbald, dass sich der weite, beschwerliche Weg in die Hauptstadt gelohnt hatte; und wenn mir Frank N. für die BO 2013 keine Wildcard organisiert, muss sich Discmania einen neuen Berater suchen. Einfach lässig.

Fotos: Rene Westenberg, John Wedemeyer