von Frank Neitzel
Teil 2: Die wichtigsten Änderungen
Stand: Rechteck statt Linie
Seit 1990 galt für den Stand bei einem Wurf von einer markierten Lage aus: der Fuß (oder ein anderes Körperteil, falls damit der Körper gestützt wird) muss beim Abwurf eine imaginäre Linie berühren, die sich vom rückwärtigen Ende der Markerscheibe 30 cm nach hinten erstreckt.
Jetzt wurde die Breite dieser imaginären Linie von theoretisch 0 cm auf 20 cm erweitert, so dass aus der Linie ein imaginäres Rechteck von 30 cm Länge und 20 cm Breite wird.
Für den korrekten Stand gilt somit: Zum Zeitpunkt des Abwurfs muss sich zumindest ein Abstützpunkt des Spielers innerhalb dieses Rechtecks und kein Abstützpunkt darf sich davor (d.h. näher zum Ziel)
befinden.
Der Vorteil der neuen Regelung liegt für den Werfer vor allem darin, dass das Risiko, bei einem Wurf mit Anlauf, bei dem naturgemäß die Wurfbewegung und nicht das Aufsetzen des Fußes im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht, einen Standfehler zu begehen, geringer ist, sofern er mit dem Fuß auf die Mitte und nicht auf den Rand der Abwurfzone ‚zielt‘. Und das dürfte bei den meisten Würfen aus dem Fairway wohl der Fall sein. Erst wenn der Spieler aus der neuen Regelung einen Vorteil ziehen und den seitlichen Spielraum von 10 cm nutzen möchte, taucht das Problem wieder auf, vielleicht sogar in verschärfter Form. Allerdings ist zu vermuten, dass in dieser Situation in vielen Fällen kein Anlauf benötigt oder genommen wird, so dass die Position des Fußes bewusst gesetzt wird und kontrolliert werden kann.
Unter dem Strich stellt die neue Regelung zur Wurfzone somit eine Entlastung des Werfers dar und verringert die Fälle von Standfehlern bei Würfen mit Anlauf.
Standfehler: der Wurf zählt.
Im Gegenzug zur Erweiterung der Standzone wurde jedoch die Regelung zur Bestrafung von Standfehlern verschärft.
Bisher galt: Ein Standfehler (sofern er von einem Gruppenmitglied angezeigt und in der Gruppe mehrheitlich bestätigt wurde) führte zu einer Verwarnung. Der aus der Standverletzung resultierende Wurf war ungültig und musste wiederholt werden.
Jetzt gilt: Ein Standfehler (sofern er von einem Gruppenmitglied angezeigt und in der Gruppe mehrheitlich bestätigt wird) wird automatisch mit einem Strafwurf belegt. Der aus dem Standfehler resultierende Wurf bleibt gültig.
Allerdings: Geht ein Wurf, der aus einem Standfehler resultiert, ins Aus (OB), verfehlt ein Pflichthindernis oder geht verloren, wird der Spieler dennoch nur mit einem Strafwurf bestraft (den für den Standfehler). Die Strafe für den Wurf ins Aus etwa wird erlassen, da ein Wurf nur mit höchstens einem Strafwurf belegt werden kann. Nichtsdestotrotz muss der Spieler dort weiterspielen, wo er gemäß der OB-Regelung seine neue Lage hat.
Pflichthindernis : vereinfachte Definition
Eine der am schwierigsten zu verstehenden Regelungen ist die zum Pflichthindernis (Mandatory). Schuld dabei war nicht zuletzt eine Passage aus den Regeln, wonach eine Linie, die alle Lagen an dieser Bahn verbindet auf der richtigen Seite des Pflichthindernisses vorbeiführen muss. Diese irreführende und überflüssige Passage ist nun gestrichen.
Zudem wurde die Regelung dahingehend vereinfacht, dass für die Entscheidung, ob ein Wurf ein Hindernis verfehlt hat, ist nur noch relevant ist, was auf der ‚falschen‘ Seite des Hindernisses passiert. Dementsprechend wurde auch die Hindernislinie, die darüber entscheidet, ob ein Hindernis verfehlt wurde, nur noch für die ‚falsche‘ Seite des Pflichthindernisses definiert.
Es gilt: wenn ein Wurf die Hindernislinie in Richtung vom Abwurf zum Ziel überquert und nicht wieder zurückfliegt oder zurückrollt dann ist das Pflichthindernis verpasst und der Spieler muss mit einem Strafwurf von der Drop Zone weiterspielen, oder (wenn es keine Drop Zone gibt) seinen Wurf wiederholen. Überquert ein Wurf die Hindernislinie zum ersten Mal in umgekehrter Richtung (d.h. hat der Wurf oder der vorhergehende Wurf das Pflichthindernis auf der richtigen Seite passiert und fliegt nun auf der falschen Seite, d.h. der Seite der Hindernislinie, zurück), darf die Hindernislinie mit dem darauffolgenden Wurf auch in Richtung vom Abwurf zum Ziel überworfen werden.
Übungswurf- oder: die normative Kraft des Faktischen
Offensichtlich ist in Disc-Golfer-Kreisen das Verhalten, eigene Scheiben nach getaner Arbeit noch ein kurzes Stück in Richtung Tasche zu werfen oder die gefundenen Scheiben anderer diesen nicht regelgerecht zu übergeben, sondern sie ihnen oder ihrer Tasche zuzuwerfen, derart omnipräsent, dass sich die bisherige Regelung zu Übungswürfen, nämlich, dass dieses Verhalten jeweils mit einem Strafwurf zu belegen wäre, nicht durchsetzen ließ. Nur so ist es wohl zu erklären, dass die bisherige Definition des Übungswurfes aufgeweicht wurde.
Bisher galt jeder Wurf der weiter als 2 m flog und die Lage nicht verändern konnte, als Übungswurf. Nun wurde zwar die 2m-Grenze abgeschafft, aber Würfe von der Regelung ausgeschlossen, die weniger als 5 m weit fliegen und die dazu dienen, eine nicht benötigte Scheibe weg- oder zurückzulegen oder die Scheibe eines Mitspielers an diesen zurückzugeben.
Wohlgemerkt: es müssen beide Bedingungen erfüllt sein: kürzer als 5 m und der Zweck der Rückführung der Scheibe. Ist nur eine der beiden Bedingungen erfüllt, handelt es sich um einen Übungswurf, der einen Strafwurf nach sich zieht.
Störeinwirkung – gilt jetzt auch unabsichtlich
Die Regel zur Störeinwirkung (Interference) wurde um einen Paragraphen ergänzt. Verändert ein Spieler oder seine eigene Ausrüstung die Bewegung der von ihm selbst geworfenen Scheibe (etwa indem diese gegen seine eigene Tasche rollt) erhält er wegen unabsichtlicher Störeinwirkung nun einen Strafwurf. Verändert ein Spieler absichtlich den Flug oder Lauf einer Scheibe (unabhängig davon, ob es seine eigene oder eine fremde ist) erhält er weiterhin zwei Strafwürfe.