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Der Kaiser zu Gast bei den Berlin Open!

9.9.2010 | Frank Neitzel. Nachdem die Berlin Open sich in den mehr als zwei Jahrzehnten ihres Bestehens anfangs unmerklich, doch dann immer offener renitent den Zeichen der Zeit verweigert haben und den Annehm- und Bequemlichkeiten eines OB-freien Kurses frönten, während aus aller Welt Nachrichten von den allerfiesesten Parcoursschikanen die Herzen der Disc Golf-Gemeinde höher schlagen ließen und ihre Wurfgedanken in immer masochistischere Bahnen trieben, ist nun offensichtlich doch Schluss mit der strafzonenfreien Idylle in den Rehbergen und die Berliner Jungs scheinen den Wechsel in den Britzer Garten benutzen zu wollen, um sich gleichzeitig zu Spearheadern des internationalen out-of-bounds-movements aufzuschwingen.

Bei den Berlin Open 2010 führt der Weg zum Korb derart an den beinahe omnipräsenten Zwangshindernissen (so das bereits abschreckend-korrekte Regeldeutsch) und OB-Zonen vorbei, bzw. darüber hinweg (oder gegebenenfalls auch hinein), dass er für so manchen nichtsahnenden Scheibenwerfer mit Strafwürfen nur so gepflastert sein dürfte.

Die fröhlichen ‚jetzt werfn‘ mer erst und dann schaun‘ mer mal‘-Zeiten sind ad acta gelegt und statt dem abgewandelten Kaiser-Motto gilt das unbarmherzige Udo Bölts-Zitat ‚Jetzt quäl dich, du Sau!‘. Diesen Eindruck könnte zumindest mancher Anhänger der alten Berlin Open-Philosophie beim Blick auf den aktuellen Kursplan entwickeln. Doch dem ist nicht so. Denn lange nicht mehr war der Kaiser so präsent wie in diesem Jahr.

Es würde wenig helfen zu leugnen, dass das Kurslayout mit 2429 m Länge und einem konservativ angesetzten Platzstandard von 61 Würfen die Teilnehmer vor etliche Herausforderungen stellen wird. Aber werden sie nach dem Rundenmartyrium mit zornesrotem Kopf und einem kurzen aber deutlichen ‚Nie mehr Berlin Open!‘ dem Turnierdirektor die Ergebnisse auf den Tisch knallen und anschließend den Turnierort fluchtartig verlassen? Oder werden sie dem nächsten Umgang geradezu entgegenfiebern in dem Bewusstsein, dass es nicht mehr schlechter kommen kann? Oder sogar ihren Spaß an den kniffligen Aufgaben finden?

Wir lassen uns überraschen. Und das in jeder Hinsicht.
Die für unser Turnier bei der Eventagentur zuständige Projektmanagerin rechnet für das Wochenende mit 30.000 bis 40.000 Parkbesuchern, gutes Wetter vorausgesetzt. Werden es wirklich so viele? Und wenn ja: werden sie dann brav im Spalier applaudierend die Fairways säumen und die tapfere Schar der Turnierteilnehmer wohlwollend gewähren lassen? Oder nicht vielmehr in einer Art proletarischen Aufstands die Bahnen überrennen, erzürnt darüber, dass so wenige so viel Platz zum Spielen bekommen sollen, wenn Tausende deswegen doch so wenig haben?

Können die für die Zuschauer vorgesehenen Spiel- und Probierbahnen den Ansprüchen genügen oder wird der neunjährige Berliner Steppke bereits nach einem halben Dutzend Würfen seine Leihscheibe mit den Worten : ‚Det is mir zu einfach, ick will ooch uff die jroßen Bahnen spielen!‘ wieder zurückgeben?

Was wird auf dem Turnierblog bei https://disc-golf.tumblr.com zu lesen sein und wird es die Ergebnisse bereits nach jeder Runde auf https://www.pdga.com/tournament-results?TournID=9969 zu sehen geben?

Bleibt Überflieger Simon Lizotte bei Zweitagesturnieren in Deutschland in diesem Jahr ungeschlagen oder macht die internationale Konkurrenz um Sylvain Gouge (bester Nichtskandinavier in der Eurotour, zwei Siege, ein dritter Platz bisher in diesem Jahr), Dick Lampinen (Gewinner des Suomi-Cups, hat keiner auf der Rechnung) oder Sam Aldrich (US-Boy, up and coming) der Serie ein Ende? Oder sogar die einheimische Konkurrenz? Haben die Linkshänder Victor Braun oder Greg Marter gute Chancen?

Wer wird der Berlin Open Weitwurfkönig und wie weit wird er werfen?
Erweist sich Susann Fischer auch in Britz als die deutsche First Lady und wie gut spielt Annie bei ihrem Comeback?

Wie geht das Treffen der Führungsspieler in der Masterklasse aus? Können die GermanTour-Führenden Klaus Kattwinkel (Open) und Martin Fohlert (Masters) Eurotourleader (Masters) Kari Vesala und dem drittplatzierten Jean-Louis Tanghe Paroli bieten? Hat der Chicken Bob auch was zu bestellen?

Verschafft sich Lokalmatador George Braun durch einen Sieg bei den Grandmastern die nötigen Punkte für den ersten deutschen Eurotour-Gesamtsieg seit sechs Jahren oder wird ihm Altmeister Stephen ‚Big Daddy‘ Defty zum Verhängnis? Und was kann die Creme der deutschen Amateure um Max Bloch, Micha Rollnik und Oliver Schacht gegen den designierten Toursieger Adrien Pontieux verrichten?

Darf der Turnierdirektor nach der offiziellen Inspektion der aufgetretenen Rasenschäden am Montag den Park noch einmal betreten oder bekommt er dann Parkverbot – wegen grob parkschädigenden Verhaltens?

Wird es auch im kommenden Jahr eine Berlin Open im Britzer Garten geben?

Zugegeben: am Ende läuft es auf eine Menge Fragen und wenig Antworten hinaus. Aber so ist das meist mit Vorberichten.

Die Berliner Wüstendiva Alessa hat versprochen, in der nächsten Woche an dieser Stelle einige Antworten zu geben. Nicht auf alle Fragen. Aber vielleicht auf die meisten. Schaun‘ mer mal.

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