29.5.2012 | Ted Winkelbeiner. Das beschauliche Städtchen Bad Wörishofen im Unterallgäu erfuhr in seiner knapp 950-jährigen Geschichte zwei gravierende Zäsuren: Als Pfarrer Sebastian Kneipp 1855 nach Wörishofen versetzt wurde, nahm die Geschichte ihren Lauf und Wörishofen wurde über die Landesgrenzen hinaus bekannt als DER Kneippkurort Bad Wörishofen. Davon profitieren die Stadt und ihre Gäste bis heute, denn Kneippkuren helfen nach wie vor gegen eine Vielzahl von Beschwerden und Krankheiten.
Etwa 150 Jahre nach der Ankunft des berühmten Hydrotherapeuten fassten sich einige Discgolfer um Michael Fischer ein Herz und entschieden sich, das zweite einschneidende Ereignis für Bad Wörishofen zu werden. Die Beez on chains wurden ins Leben gerufen und schnell schafften sie es, den Verantwortlichen der Stadt klar zu machen, dass ein fest installierter Discgolf-Parcours genau das ist, was der Stadt noch fehlt. Letztlich wurde mit dem herrlich gepflegten Ostpark eine Location gefunden, die es den Beez erlaubte, 9 knifflige Bahnen zu gestalten und somit ihrem Sport in der eigenen Stadt frönen zu können.
Die geradezu logische Konsequenz aus dieser äußerst positiven Entwicklung ist selbstverständlich das Veranstalten von Turnieren. Nach einigen kleinen Probeturnieren, die alle toll organisiert wurden, wagten sich die Beez 2012 auf die große Bühne der German Tour. Das Turnier war innerhalb weniger Tage restlos ausgebucht, sodass TD Michael Fischer sich entschied, mit 5er Flights zu spielen, um weiteren 9 Spielern von der Warteliste die Chance zu ermöglichen, am Pfingstwochenende ein tolles Turnier zu spielen.
Ein Blick auf das Starterfeld zeigte dem geneigten Scheibenwerfer sogleich, dass nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Starterfeldes keine Wünsche offen ließ. Mehrere deutsche Meistertitel, German-Tour-Gesamtsiege und sogar zwei Vize-Europameister waren am Start, und das bei einem C-Turnier! Die Rahmenbedingungen waren perfekt, der Stadtjugendring versorgte alle mit leckerem Mittagessen (Vielen Dank noch mal von dieser Stelle) und somit sollte das Turnier bei Kaiserwetter ein für viele Teilnehmer unvergessliches Spektakel werden.
Die ersten beiden Runden wurden am Stück gespielt und es zeigte sich bereits nach den ersten Bahnen, dass der wunderschöne Kurs einige Schwierigkeiten für die Sportler bereit hielt. Wie sonst ließe sich nach 18 gespielten Bahnen die Führung des Reutlingers Ted Winkelbeiner erklären, der gerade mal mickrige 2 unter Par auf dem Zettel stehen hatte. Hauchdünn dahinter tummelten sich die eigentlichen Favoriten, wie der Heidenheimer Dominik Stampfer, der Vize-Europameister und Sieger vom Vortag Michael Stelzer oder der routinierte und erfolgsverwöhnte Chef Guerillero Michael Kobella. Zur Überraschung einiger Kenner der Szene zeigte sich auch Emanuel Kroll ganz weit vorne im Feld und das war für den überaus sympathischen Allgäuer erst der Anfang …
Nach der Mittagspause und einer ausgiebigen Anwendung in der geradezu obligatorischen Kneipp-Anlage mitten im Ostpark waren alle Teilnehmer heiß auf die dritte Runde. Vermutlich hatte jeder noch die eine oder andere Rechnung mit dem Parcours offen, die beglichen werden wollte.
Nun sollte die große Stunde des kleinen der beiden „Krollis“ schlagen. Er legte los wie die sprichwörtliche Feuerwehr und erspielte sich an den ersten vier Bahnen drei Birdies, wobei er zweimal komplett aufs Putten verzichten konnte, da seine Drives direkt unter dem Korb lagen. Spätestens jetzt war allen im Flight klar, dass der Sieg am heutigen Tage nur über ihn gehen würde. Mit einer 24er Runde brachte er sich in eine ausgezeichnete Position vor der letzten Runde.
In der vierten und letzten Runde wurde streng nach Reglement in den einzelnen Divisionen der Sieger ausgespielt und dementsprechend auch die Fights nicht mehr gemischt.
Bei den Grandmastern setzte sich Ewald Tkocz, der Dauerbrenner aus Geislingen, mit knappem Vorsprung vor Wolfgang Kraus und seinem WSCA-Vereinskollegen Karl-Heinz Warnke durch und war nach dem Turnier mit sich und seiner Leistung am heutigen Tage sichtlich zufrieden. Diese hätte ihm im Open-Feld immerhin einen starken 6. Platz beschert.
Bei den Juniors ließ sich der Local Franz Rötzsch von keinem Konkurrenten die Butter vom Brot nehmen und verwies Jonas Lehmann und Luke „Skywalker“ Bohlinth auf die Plätze.
Bei den Damen sowie bei den Masters war die Entscheidung am Ende eher deutlich: Die beiden Augsburger Sympathieträger Tanja Höll und Michael Kobella gewannen ihre Divisionen mit deutlichem Vorsprung. Auf den Plätzen konnten sich bei den Damen Birgit Lingenhel aus Österreich und Natalie Moßig aus Reutlingen einreihen. Die übrigen Podestplätze bei den Masters gingen an Arno Lingenhel und Jürgen Taube.
Auf der letzten Runde in der Open Division hieß das Motto: „Schnappt den Krolli“. Dominik Stampfer und Ted Winkelbeiner hatten schon sehr zeitig alle Siegchancen verspielt und teilten sich letztlich den dritten Platz. Somit konnte nur noch Michael Stelzer den ersten GT-Sieg des kleinen Energiebündels verhindern. Erst an der letzten Bahn zeigte Kroll eine kleine Unkonzentriertheit und ließ dadurch die Türe für Stelzer offen. Die Entscheidung musste tatsächlich nach 36 gespielten Bahnen im Stechen fallen.
Michael Stelzer durfte an der ersten Bahn vorlegen und touchierte mit seinem Drive einen Ast, der den Flug seine Scheibe, die sich eigentlich auf einer guten Linie befunden hatte, zu einem abrupten Ende brachte. Emanuel Kroll witterte seine Chance, konzentrierte sich noch einmal und erwischte den perfekten Wurf. Seine Disc flog die gesamten knapp 90 Meter flach, gerade und vor allem vorbei an allen Bäumen und Büschen und landete nur wenige Meter entfernt vom Korb. Da Michael seinen langen Approach und den anschließenden Re-Putt nicht versenken konnte, genügte Manu eine lockere Drei um seinen ersten Turniersieg auf der German Tour zu feiern. Gratulation an einen tollen Sportsmann.
Bei der Siegerehrung schloss sich der Kreis zwischen Discgolf und Kneipp-Kur, denn die geschlagenen Konkurrenten packten den Sieger und ließen ihm eine Ganzkörperbehandlung angedeihen. Der strahlende Sieger ließ es geschehen und genoss seine anschließende Ehrenrunde im eiskalten Kneipp-Becken.
Der Schlusspunkt hätte nicht schöner ausfallen können. Strahlende Gesichter, die sich bei den Organisatoren für einen wunderschönen Tag bedankten und ein überglücklicher, wenn auch klatschnasser Sieger. Abschließend ist noch anzufügen: Bad Wörishofen ist und bleibt eine Reise wert, egal ob man sich nasse Füße holen oder doch eher Discgolf spielen möchte. Und wie wir erleben durften, lässt sich im Ostpark beides vortrefflich kombinieren. Der Grundstein für eine lange Discgolf-Tradition in Bad Wörishofen scheint gelegt zu sein.