24.8.2012 | Oliver Schacht. Nun war es soweit – es begann Tag 1 der ersten Quali-Runde im Reedy Creek Park, der mit Baujahr 1989 der älteste aller Discgolf-Kurse rund um Charlotte ist. Der folgende Bericht soll diese erste Wettbewerbsrunde anhand ausgewählter Spielbahnen und besonderer Erlebnisse illustrieren. Apropos „illustrieren“: Die Vorbereitung auf den Kurs ließ es nicht zu, eigene Fotos zu machen. Dieser Bericht nutzt die unter dgcoursereview.com publizierten Aufnahmen.
Eine Beobachtung als Fußnote gleich zu Beginn: Aus Sicht eines Außenstehenden deutete bei der Anfahrt in der näheren Umgebung des Reedy Creek Park nichts auf einen WM-Wettbewerb hin. Keine Wegweiser, keine Beach-Flags an der Parkeinfahrt, keine irgendwie gestalteten „eye-catcher“. War das sonst US-typische Promo-Spektakulum für „Großveranstaltungen“ nicht bei einem Wettbewerbsort einer Amateur-WM zu erwarten? Der Gedanke über die kommenden Herausforderungen, die ich mir in zwei Vorbereitungsrunden einigermaßen vertraut waren, spülte dieses Defizit gedanklich erstmal weg.
Ein Blick auf den Kursplan läßt sofort erkennen, dass diese Herausforderungen eine enge Angelegenheit werden würden, denn keine Bahn bot einen kompletten Fairway unter freiem Luftraum zum „Durchatmen“ oder „Entspannen“. In meinem Masters-Flight spielten Mitch Bonjour (KS), Hugh Perkins (NY) und Pete Langley (TX).
Nach einer herzlichen Begrüßung und etwas Small-talk starteten wir an Bahn 9. Ohne etwas ausgefressen zu haben, mußte ich anfangen… Jeder Sidearm-Routinier mußte über diesen 62m S-Schlag-Verlauf ins Frohlocken geraten. Auf diese Weise wäre ein Abdriften zum straßennahen Abhang links am Fairway gar kein Thema. Sollte ich als eingeschworener Backhander gleich zu Beginn so etwas wagen? Statt einer Antwort sollte es eine spontan geworfene rechtslastige „Shark“ schon richten. Statt dem Fairway zu folgen, nahm sie – zu meinem Schrecken – die Abkürzung durch eine dichte Baumfront – ohne auch nur einen Baum zu touchieren und landete vier bis fünf Meter vom Korb entfernt.
Der darauffolgende Jubel und Unglaube über soviel Glück verhallte dankenswerterweise schnell, damit Hugh sich für seinen Abwurf vorbereiten konnte.
Er zeigte dann eine gezielten, anhyzernden Backhand-Wurf mit ca. 11 Meter Abstand. Nicht schlecht! Mitch folgte ihm in ähnlicher Wurflinie mit etwas größerem Abstand. Pete zeigte uns dann eine selbstbewußte Vorhand, die vom Tee aus recht nah am Korb aussah, jedoch durch einen – von uns allen unbeobachteten – Skip ca. 8 Meter entfernt liegen blieb. Die folgenden Putt-Versuche legten bei dem einen Anfangsnervosität, bei einem anderen fehlende Konzentration und beim dritten schlichtweg Pech offen. Das mir angebotene Geschenk wollte ich keinesfalls ablehnen und verwandelte als einziger meinen ersten Putt. Was für ein Birdie-Auftakt, so etwas ist mir selbst in vielen GT-Turnieren selten widerfahren.
An Bahn 10 galt es vom erhöht gelegenen Tee zum noch höher gelegenen Korb zwischen zwei versetzt stehenden Bäumen in ca. 40 m Entfernung werfen. Wenn das gelang, war das Par sicher. Wenn nicht, mußte man sich mit einem Bogie begnügen. Pete hatte in dieser Hinsicht leider das Nachsehen. Hughs Tee schoß den Vogel ab. Er landete ca. 12-13 Meter vom Korb – und verwandelte zum Birdie. Wow!
Die darauffolgende Bahn 11 gehört zu den Schicksalsbahnen dieses Kurses. Hier wurden die Könner von den Probanden und die rationalen Controller von den emotionalen Gamblern punktgenau voneinander separiert. Um am Ende des 159 Meter langen Elends mit einer Par 4 abschließen zu dürfen, muß man in der Lage sein, einen Anhyzer oder Sidearm in ca. 8m Höhe zwischen zwei versetzt stehenden Bäumen hindurch zuzirkeln. Keinesfalls durfte die Scheibe aufmachen. Tat sie das, sind die dann erforderlichen „Zugaben“ aus dem Rough nicht mehr kalkulierbar. Hier nur auf das Fairway seitwärts freizulegen musste manchen Spieler schwer fallen, weil viele verlockende Lücken zu sehen, aber schwer zu treffen sind. Und abfälschende kleinere Äste sind trotz des stark bespielten Kurses nicht abgeschafft worden.
Wenn der Abwurf möglichst viel Strecke im fast rechtwinklig zur Abwurflinie verlaufenden Fairway gewinnen konnte, war eine Vorraussetzung für das Par erfüllt. Eine weitere bestand darin, nach einer Annäherung über ca. 45-50 m den durch ein loses Baumspalier auf ca. 4-6m verengten Fairway vorzulegen. Wem dann sogar ein keinesfalls geradliniger 17-18m Putt entlang von Bäumen gelang, konnte – theoretisch – überglücklich einen Birdie spielen. Überglücklich waren Mitch und Hugh mit ihrem Par, mit einem Bogie war ich nach einem Ausflug ins Rough gut bedient, Pete fing sich als „Rough Rider“ ein Triple-Bogie ein.
Immerhin konnte er bei recht ähnlichem Verlauf des Fairways auf Bahn 13, jedoch um ca. 30m verkürzten Distanz als einziger mit Par 4 abschließen, alle anderen begnügten sich mit einem Bogie.
Bahn 14 verläuft über ca. 40 m eben und frei, bis sie mit Eintritt in den Wald für weitere 40 m stark nach unten und leicht rechts biegend abfällt. Zudem steht der Korb auf einem 1,20 Plateau-Absatz hinter dem niemand für einen steilen Rückputt zu liegen kommen will. Für den Abwurf bestand die Schwierigkeit darin, den Anfang der Gefällstrecke in einer Höhe zwischen 1,20 bis 1,60 zu passieren. So war ein langer Glide ohne Baumkontakt in Richtung Korb machbar. Weder durfte sie überrissen werden noch hätte ein frühes Aufmachen die Annäherung vereinfacht. Die Annäherung erforderte viel Händchen, um ein Aufstellen und Abrollen am Hang in die Tiefe zu verhindern. Freudig beendeten wir diese Prüfung mit einem Par-Frame.
Bahn 17 ist ebenfalls abfallend. Am Ende des ca. 50m langen Fairway-Tunnels sollte die Disc idealerweise äußerst rechts fliegen, um den sich anschließenden weiten Linksbogen bestmöglich zum Weitengewinn in Richtung Korb ausschöpfen zu können. Danach folgte nur noch Standard: Versuch zur 2 bzw. Abschluß mit einer 3. Das gelang Hugh und Mitch souverän. Erwischt man das Ende des Tunnels nur mittig endete der Ausflug garantiert im linken oder rechten Rough des Bogens. Auf diese Weise legten Pete und ich die Grundlagen für eine schmerzliche 5 bzw. unschöne 4.
Der nächste kritische Test bestand auf der Par3-Bahn Nr. 2 in einem eng und hoch zu spielenden Hyzer. Mit viel „Pfeffer“, der richtigen Portion Glück und einer willigen Scheibe konnte wir uns mit Hugh über sein begeisterndes Birdie nach einem 12 Meter-Putt freuen. Das tat ihm umso mehr gut, nachdem er sich auf der Bahn Nr. 1 ( Pflicht-par3) eine enttäuschende 5 einfing. Mein Par freute mich ebenfalls, keine Freude hatten Pete und Mitch mit einer 4, obwohl Mitch zuvor noch mit einem Birdie glänzte. Demselben „Top folgt Flop“-Effekt unterlag Hugh auf der kommenden Bahn 3 (Par 3) mit einem Bogie, während alle anderen Par notierten.
Hugh ließ sich davon nicht einschüchtern. Auf der folgenden Par 3-Bahn zirkelte er eine mit impulsiver Vorhand geworfene Scheibe in die an einem Teich benachbart liegende ca. 30m lange Waldpassage. Den darauffolgenden 10 Meter Putt verwandelte er zum Birdie. Während Pete und ich mit einem Bogie bzw. Par abschlossen, verabschiedete sich Mitch wegen eines aufmachenden Anhyzers von einer bedeutenden Scheibe, die unauffindbar im undurchsichtigen Gewässer verblieb: Leider ein Double-Bogie.
Auf der 106m langen Bahn 6 galt es erneut über eine 35m entfernte Hangkante den daraufhin tief in den Wald abfallenden Fairway möglichst dicht und anhyzernd zu werfen. Die Annäherung erforderte unabhängig von der Lage viel Geschick, weil der Korb im 15 m Umkreis von Bäumen abgeschirmt wurde. Von dort abgefälscht konnte die Scheibe leicht im OB des nahegelegenen Bachs enden. Wir waren uns einig, dass diese Bäume 1989 speziell zu diesem Zweck angepflanzt wurden. Mitch und ich gratulierten uns hier zu einer 3, Hugh und Pete punkteten mit jeweils vier Würfen.
Die darauffolgende kurze Bahn 7 ist wegen der reiz- und risikovollen Lage des vom Tee aus blinden Korbes erwähnenswert (Der im Foto links stehende Korb war nicht vorhanden). Der Abwurf sollte hyzernd so nah wie möglich an die OB-Grenze des Bachverlaufs landen, was einen ca. 5-7m Abstand zum etwas erhöht stehenden Korb auf der anderen Bachseite nahe der OB-Grenze ergab. Mitch erreichte eine solche Lage, schaltete jegliche Bedenken aus, und verwandelte zum bewundernswerten Birdie. Der Rest des Flight schaffte überraschend kein Par, sondern ein Bogie.
Unsere letzte Bahn 8 , ein weitgehend gerade verlaufender 70m-Tunnel, wäre nicht erwähnenswert. Einzig Hughs Abwurf ließ seine Scheibe zu unserer großen Überraschung – sie streifte fast den im Foto rechts angeleuchteten Baum – und unserer Freude von oben zum Ass in den Korb senken. Der anhaltende Jubel über diesen Überraschungscoup war über mehrere Bahnen zu hören und kürte Hugh zum Held unseres Flights.
Zu diesem Zeitpunkt ahnte wir aber nicht, dass Pete Langley aus unserem Flight am kommenden Donnerstag vormittag, wenn Reedy Creek erneut zu spielen war, den „Helden“-Titel viel mehr verdienen würde. An diesem Tag engagierte er sich in einem Erste Hilfe-Einsatz , der über Leben oder Tod eines Parkbesuchers entscheiden sollte. Dieses Erlebnis wird ihn bestimmt seine verunglückte +12-Runde (Par 56) vergessen lassen. Mitch und Hugh gewannen die Runde unseres Flights mit einer 59 (+3), gefolgt von meiner 60, die ich in beiden Vorbereitungsrunden bereits erreichte. Wir bedankten uns für unsere harmonisch verlaufende Runde und wünschten uns viel Erfolg und Spaß für die weiteren Runden.
Foto: Langley