Am ersten Spieltag der Europäischen Discgolf-Meisterschaft der Masters, also der Spieler*innen, die 40 Jahre öder älter sind, wurden einige heiße Fights ausgetragen und deshalb auch – später vielleicht sogar noch – turnierentscheidende Pflöcke in den trockenen und zumindest auf den eigentlichen Grünflächen vom kleinen Canyons zerfurchten, überall aufgeplatzten Boden des „Szarvasi Arborétum“ im ungarischen Hinterland gerammt. Laut Wikipedia ist „ein Arboretum eine Art botanischer Garten, in dem hauptsächlich Bäume und Sträucher ausgestellt sind.“ Zudem soll ein Arborétum „sich den Gegebenheiten des Geländes“ anpassen.
Dies verbindet diese Idee, der „vielfältigen Pflanzensammlungen“ – in der Regel „nach Klimazonen oder in systematischer Reihenfolge geordnet“ – direkt und unmittelbar mit dem Vergleich der territorialen Teams in den systematischen sieben Divisionen. Deshalb meine Meinung: „Discgolf passt perfekt in diesen wunderschönen Park, der such schon für nationale und internationale Scheibenevents genutzt worden war.“ Doch leider erleben die Eintritt zahlenden „normalen“ Arborétum-Besucher*innen den auch durch vielfältige Scheibensammlungen geprägten Spitzensport der Masters in Szarvas nicht, denn spätestens an den mit Bändern gesperrten Wegen drehen diese Menschen um, um lieber wieder die Pfauen ohne Ambitionen im größeren Parkbereich zu besichtigen.
Verirrt sich trotzdem ein am Sport mit in Körbe fliegenden Scheiben interessiert, kann er oder sie einfach durch den Spieler*inneneingang das Gelände betreten. Dies allerdings wissen offensichtlich selbst die Einheimischen im rund 17.000 Einwohner*innen großen Ortes nicht. Deshalb blieben zumindest am ersten Turniertag die Sportler*innen aus über 30 europäischen Ländern unter sich.
Erste Dämpfer für die deutsche Zuversicht
Am Dienstag, nach dem letzten Trainingswurf der 13 Deutschen bei der Euro 23 in Ungarn, war DGA-Sportdirektor und Teamchef in Ungarn, Wolfgang Kraus, noch sehr optimistisch. „Die Truppe strahle Zuversicht aus“, hatte er verspürt. Nachdem alle 13 die erste Runde absolviert haben, gibt es allerdings schon erste Dämpfer für diese optimistische Einschätzung.
Einen solchen Dämpfer erlebte in der ersten Turnierrunde der Berliner Martin Dörken (MP 50) sehr schmerzhaft, denn sein rechter Wurfarm will wegen einer akuten Verletzung nicht so arbeiten, wie es das Gehirn des Spielers vorsieht. Das war für den Deutschen Masters-Meister 2017, der für die Brandenburger Hyzernauts spielt, natürlich frustrierend. Trotzdem will er in der Runde am Donnerstag versuchen, die Schmerzen im Spiel seine Würfe nicht mehr mitbestimmen zu lassen.
Allein bestimmt hat Alexander Müller vom TSV Bad Wörishofen bestimmt. Allerdings agierte der Bayer in der Division MP 55 ohne Glück – oder wie er es selbst ausdrückte: „Ich habe unheimlich viel Pech gehabt.“ Aber der Bayer bleibt zuversichtlich, zumal auch von ehemaligen Gegnern behauptet wird, dass Alex Müller „in der zweiten Runde unheimlich viel Potential“ habe.
Jörg Eberts und Ralf Hüpper in Lauerposition
Ob ihr Ergebnis in der ersten Runde von Nathali Palencia Martin und Daniela Host (beide FP 40) als Dämpfer für ihre weiteren Ambitionen in Szarvas verstanden werden kann, ist nur schwer zu sagen. Immerhin haben sich beide Discgolferinnen für die zweite Runde vorgenommen, etwas weniger häufig werfen zu müssen.
Zufrieden kam der für den niedersächsischen Tennisverein in Helmstedt spielende Sascha Goldmann von der Runde. Angesichts der 70 Würfe eine leichte Überraschung, zumal der Schleswig-Holsteiner sein PDGA-Rating in der Runde um satte 24 Punkte unterspielte.
Lucca Seipenbusch von den Scheibensucher Rüsselsheim (MP 50) und Werner Riebesel von Disc Golf München (MP 55) spielten am ersten Turniertag sehr solide. Beide dürften durchaus zufrieden sein, zumal auch beim Blick in die vorderen Ränge ihrer Divisionen sich noch Potential für die beiden Deutschen auftut.
Jörg Eberts und Ralf Hüpper (beide MP 40) liegen mit -4 beziehungsweise -3 in der ersten Runde voll im Plan. Jörg Eberts aus Mecklenburg-Vorpommern lag zu Beginn sogar auf Treppchenkurs, streute aber auf Bahn sieben, zehn und elf jeweils ein Bogey ein, so dass er auf Rang acht abrutschte. Ähnliches galt auf für den Kölner Hüpper, den nach Birdies auf den Bahnen zwei und drei, die auch ihm virtuell eine Medaillenposition eingebracht hatten, „patzte“ er mit Bogeys auf der Vier, Acht und Neun. Dann fand der Spieler von Kettenjeklüngel wieder seinen Weg und bleibt mit Rang elf – natürlich Jörg Eberts auf Platz acht – in Schlagposition zur Spitze in der MP 40.
Faber, Möllemann, Hellstern und Kraus haben Medaillen im Blick
Auch Christine Hellstern (Disc Golf Baden-Baden) ist in der FP 50 voll im Rennen. Zwar liegt die Baden-Württembergerin nach Runde eins fünf Wurf hinter der Führenden zurück, doch bis zum erhofften Treppchenplatz muss Hellstern lediglich einen Wurf Rückstand aufholen.
Ohne die Waldbahn acht stünde der Berliner Hysernauter Oliver Möllemann vermutlich als „man of the day“ des Auftakttages der Europameisterschaft in Szarvas da. Hätte er die Par gespielt, würde er die MP 55 alleine anführen – doch durch den Doppelbogey auf der Acht hat Möllemann nun zwei Würfe Rückstand auf die Goldmedaille und einen Wurf auf das Treppchen. „Man of the German Team“ der ersten Runde in Ungarn ist Oliver Möllemann mit einem Ergebnis von fünf unter Par sicherlich allemal.
Ähnlich stark trumpfte in der ersten Runde seine Vereinskollegin Antonia Faber in der FP 40 auf. Sie geht wir Möllemann am zweiten Turniertag im Leadingflight auf die zweite Runde, denn sie liegt mit +3 nur einen Wurf hinter Platz drei.
Den hat in der MP 60 derzeit Wolfgang Kraus von den Scheibensuchern aus Trebur inne. Mit – 2 liegt er auf Rang drei, den es nun in zwei weiteren Vor- und der Finalrunde zu verteidigen gilt.
Der Zwischenstand bei den deutschen Teilnehmer*innen nach Tag eins
1. Runde | Div. | Platz in der Division | Anzahl der Würfe | zu Par | Bahnen unter Par | Par | Bahnen über Par |
Oliver Möllemann | MP 55 | 4. | 61 | -5 | 7 | 10 | 1 |
Jörg Eberts | MP 40 | 8. | 61 | -4 | 7 | 8 | 3 |
Ralf Hüpper | MP 40 | 11. | 62 | -3 | 6 | 9 | 3 |
Wolfgang Kraus | MP 60 | 3. | 64 | -2 | 4 | 12 | 2 |
Werner Riebesel | MP 55 | 7. | 64 | -2 | 6 | 9 | 3 |
Lucca Seipenbusch | MP 50 | 8. | 65 | 0 | 4 | 10 | 4 |
Martin Dörken | MP 50 | 12. | 67 | +2 | 3 | 11 | 4 |
Antonia Faber | FP 40 | 4. | 69 | +3 | 5 | 7 | 6 |
Christine Hellstern | FP 50 | 5. | 75 | +4 | 2 | 11 | 5 |
Sascha Goldmann | MP 50 | 16. | 70 | +5 | 1 | 12 | 5 |
Alexander Müller | MP 55 | 20. | 72 | +6 | 3 | 8 | 7 |
Nathali Palencia Martin | FP 40 | 14. | 75 | +9 | 1 | 11 | 6 |
Daniela Host | FP 40 | 16. | 77 | +11 | 1 | 7 | 10 |
„Legenden-Vergleich“ ist schon entschieden
MP 65: Das Duell der Discgolf-Dinos, der „Legenden-Vergleich“ hier in Szarvas entschied der Schweizer Paul Francz gegen den Engländer Charlie Mead schon in der ersten Runde. Mit zehn Würfen Rückstand kann der WFDV-Discgolfsprecher den WDGF-Gründer praktisch in den kommenden drei Runden nicht mehr einholen. Direkte Konkurrenten für den Führenden sind nun der Norweger Terje Rørmark auf Platz zwei und einem Wurf als Francz mehr, sowie der Finne Matti Alen auf dem dritten Platz mit zwei Würfen und der Schwede Olle Samuelsson mit drei Würfen mehr als der Führende.
MP 60: In der Mixeddivision der über 60-Jährigen hat sich – eigentlich erwartungsgemäß – der Spanier Carlos A. Rio am ersten Tag schon deutlich abgesetzt und mit – 8 auch wohl oben festgesetzt. Der Schwede Hans Tegebäck benötigte als Zweiter der Eröffnungsrunde vier Würfe mehr. Die beiden Drittplatzierten, der Finne Jari Niskanen und der Deutsche Wolfgang Kraus haben noch zwei Würfe mehr benötigt.
MP 55: Mit 60 Würfen in Runde eins führen der Norweger Egil Sætren, der Belgier Jean-Louis Tanghe und der Däne Al Fleming gemeinsam mit jeweils -6 die MP 55 an. Mit einem Wurf mehr laueren auf Rang vier der Schwede Richard Kappling und der Berliner Oliver Möllemann.
FP 50: Hinter der Führenden Kristiina Sylman aus Finnland, die 70 Würfe (-1) benötigt hatte, folgen die Schweizerin Karin Rubin (73, +2) und die Finninen Heidi Talumaa und Kirsi Kaikkonen (jeweils 74, +3). Chancen haben auch die Deutsche Christine Hellstern (75, +4) soweie die Finnin Anna-Riitta Savolainen und die Französin Isabelle Quenaudon (beide 76, +5) auf Rang sechs noch.
MP 50: Der Schwede Jonas Hälleblad hat sich in der ersten Runde bei den Ü 50-Discgolfern mit einer 58er Runden (-7) einen Zwei-Wurf-Vorsprung vor seinem Landsmann Johan Ålund (60, -5) gesichert. Platz drei belegen nach dem Eröffnungstag der Schweitzer Martin Jenny und der Finne Ville Piippo (beide 61, -4). Chancenreich im Rennen sind auch noch der Franzose Mehdi Boukarabila und der Tscheche Roman Jurajda (beide Rang 5, 62, -3).
FP 40: Die Estin Kaire Tekku benötigte am Mittwoch 63 Würfe (-3) auf der ersten Runde der Ü 40-Frauen, womit sie sich an die Spitze des Feldes spielte. Die Schweizerin Natalie Holloköi liegt mit drei Würfen mehr auf Rang zwei und die Finnin Nina Rajala (68, +2) folgt auf dem dritten Platz. Dahinter lauern mit guten Chancen zumindest auf Rang drei oder vielleicht sogar zwei die Deutsche Antonia Faber (69, +3) sowie die Norwegerin Sigrid Sandum und die Finnin Hannele Määttä (beide 70, +4).
MP 40: Bei den „jungen Männern“ führt der Däne Karl Johan Nybo, der unglaublicherweise in der ersten Runde elf unter Par (54 Würfe) spielte. Ebenso sensationell die zehn unter Par des Zweitplatzierten Anders Swärd aus Schweden. Dritte sind der Finne Tapani Aulu sowie der Norweger Ron Kaspersen (beide 58, -7). Aussichtsreich dabei sind auch noch Mika Laikko Finnland, Platz 5, 59, -6), Heikki Saunanen (Finnland, Platz 6, 60, -5), Martin Louis Milne (Finnland, Platz 6, 60, -5), Markus Källström (Schweden Platz 8, 61, -4), Jörg Eberts (Deutschland, Platz 8, 61, -4) und Marko Hämäläinen (Finnland, Platz 8, 61, -4).
Es wird etwas kühler
Es bleibt trotzdem spannend, auch wenn in zwei Divisionen (MP 60 und MP 65) die designierten Titelgewinner schon nach einem Viertel aller Bahnen feststehen. Nicht nur die Hitze im Gefecht sondern auch die Temperaturen in Szarvas lassen manche Teilnehmer*innen „heiß“ laufen. Als Christine Hellstern als Erste der Deutschen um 8.30 Uhr auf die Runde ging, zeigte das Thermometer schon 27,5 Grad an. Als Jörg Eberts und Ralf Hüpper spielten lag die Außentemperatur gelegentlich schon oberhalb der Körpertemperatur. Der Wasserverbrauch auf dem Parcours war gewaltig, aber die Mitarbeiter*innen des ungarischen Gastgeberverbandes füllten unaufhörlich und rechtzeitig die Wassercontainer auf der Runde auf. Ein wenig kühler könnte der Donnerstag verlaufen, obwohl sicherlich weitere Vorentscheidungen fallen werden, aber der Wetterdienst sagt voraus: „Szarvas – drei Grad kühler als heute!“